Schönmatt, 2012 m. ü. M.
 
                                                                                                  
  Geistergeschichten    Seite 2 von 3       
          

In den Bergen südlich von Ulrichen liegt der heute verlassene Alpstafel Schönmatt. Ein Ort voller Einsamkeit und von eigenartiger Schönheit. Wer sich aber dort nachts oder in der Dämmerung aufhält, wird vielleicht Stimmen oder Schritte hören, obwohl er allein ist. Das es dort spukt, soll der Sage nach folgende Ursache haben:

Auf der Schönmatt ware ein Hirt, der seinen Gehilfen (Zuhirt) immer wieder über die Zeit hinaus mit Arbeit quälte. Oft musste der Zuhirt auch nachts auf die Weide, um draussen wegen angeblichen Geräuschen nach dem Vieh zu sehen. Als er deswegen wieder in der Dunkelheit beim Vieh war, verkleidete sich der Hirt als Gespenst und schlich ihm nach. Als der Zuhirt zurück in die Hütte wollte, trat ihm der Hirt in seiner gespensterhaften Gestalt entgegen. Der Zuhirt aber glaubte ein richtiges Gespenst vor sich zu haben, ergriff einen in der Nähe liegenden grossen Stein und erschlug damit seinen Quäler.

Aus "Denkwürdigkeiten von Ulrichen", 1879, von Pfarrer Paul Amherd.

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  Obergommer Alpstafel 1918
Hirt und Zuhirt.
 

 
Die beiden haben sich gut vertragen. Links Hirt Joseph Werlen und sein Bruder, Zuhirt Johann Werlen. Zusammen mit den anderen Alpknechten lebten sie von Ende Juni bis Mitte September mit dem ihnen anvertrauten Vieh auf den Hochalpen. Die Arbeit war hart, sie waren dem Hochgebirgs-Wetter ausgeliefert und nächtigten in primitiven Steinhütten.

 
Information zum Alpleben

 


Die wichtigste Einnahmequelle der alten Obergommer war die Viehzucht zum Zwecke der Milchwirtschaft. In alten Zeiten besass der durchschnittliche Obergommer Bauer 4-8 Stück Vieh (davon 2-4 Milchkühe). Die Grösse seines Viehbestandes bestimmte die Menge Heu, die er für die Überwinterung einbringen konnte. Die Grösse der Heuernte war wiederum von der Anzahl der Familienangehörigen abhängig, die bei der Heuernte mithalfen. Ausnahmen waren die wenigen Bauernbetriebe mit Knechten und Mägden (meistens im Besitz von Magistraten, pensionierten Offizieren oder wohlhabenden Geistlichen).

 


Die Winter im Obergoms sind besonders hart und lang. November bis Mai muss das Vieh gefüttert werden. Im Juni weidet das Vieh auf den Voralpen (Binen, Maiensässen). Dort sorgt der einzelne Bauer selber für sein Vieh. Anfangs Juli wird das Vieh auf die Hochalpen getrieben. Dort kümmern sich von der Bauerngemeinschaft bezahlte Alpknechte um durchschnittlich 80 Stück Vieh, ungefähr die Hälfte davon Milchkühe. Beim Bauern im Tal blieb einzig eine Milchkuh, die er auch für das Ziehen des Heuwagens benötigte (der normale Bauer besass keine Pferde). Nach dem Alpabtrieb Mitte September übernehmen die Bauern wieder ihr Vieh, dass dann noch im Talgrund die abgeernteten Wiesen abweidet.

 


Das Oberhaupt der Alpknechte war der Senn. Seine Hauptaufgabe war die Käsezubereitung. Weitere Alpknechte waren der Hirt (ein Erwachsener oder Jugendlicher), der Zuhirt (ein ca. 12 Jahre alter Knabe) und der Zuwehrer (ca. 8 Jahre alt). Auf grösseren Alpen gab es noch einen zweiten Hirten oder Zuhirten.

 


Auf der Hochalpe ziehen Vieh und Knechte von Stafel zu Stafel. Ein Stafel besteht aus bestimmten Weidegebieten und einer Hütte, in der der Käse zubereitet wird und in der die Alpknechte übernachten. In der Nähe der Hütte werden die Kühe abends zwischen 17 und 18 Uhr und morgens zwischen 5 und 7 Uhr gemolken. Beim Melken helfen alle Alpknechte mit. Nach dem Melken verarbeitet der Senn die Milch zu Käse und die Hirten treiben das Vieh wieder auf die Weide - nach dem abendlichen Melken bis ca. 10 Uhr auf die so genannte "Abeweid" (Abendweide) und dann wieder zurück in die Nähe der Hütte. Da es auf den Hochalpen keine Ställe gab, blieb das Vieh immer im Freien.

 


Die Alpknechte arbeiteten 7 Tage in der Woche und ohne Urlaub. Morgens um 4 Uhr stand man auf. Gegen Mitternacht war Feierabend. In der Hütte (ein mit aufgeschichteten Steinen gemauerter Raum mit Naturboden) schliefen die Alpknechte in ihren Kleidern auf auf einer ca. 3 m breiten Holzpritsche, die mit Farn gepolstert war. Ihre Hauptnahrung waren alter Käse und altes Roggenbrot und ab dem 19. Jh. auch Polenta (Mais) und Reis. Sie tranken kuhwarme Milch, Wasser und ab dem 19. Jh. auch Kaffee. Zur Ehre der Obergommer sei erwähnt, dass die Minderjährigen nicht wie anderswo üblich, zum Aufwärmen regelmässig Schnaps erhielten.

 


War ein Stafel abgeweidet, zog man zum nächsten. Eine Alpe hatte 6-8 Stafel. Der unterstete Stafel lag meistens auf ca. 1700 m Höhe, d. h. unterhalb der Waldgrenze, die auf ca. 2000 m lag. Die anderen Stafel lagen meistens auf 2000 bis 2400 m Höhe. Grundsätzlich zog man vom untersten Stafel zum nächst höheren und dann vom obersten Stafel wieder zurück, so dass das Alpleben auf dem Stafel endete auf dem es auch begonnen hatte.

 


Da auf den Hochalpen oft auch im Sommer Schnee fällt, gab es auch ausserordentliche Umzüge auf niedriger gelegene Stafel oder bis hinunter in die Voralpen.
 

 


Schien die Sonne, hatte das Hirtenleben auch seine schönen Seiten. Die schlimmsten Momente im Hirtenleben waren, wenn eine Kuh auf einem steilen Grashang "trollte" (ausrutschte und in die Tiefe rollte). Der Hirt selber war auch von Gefahren bedroht. Häufig gab es Unfälle mit dem "Muni" (Stier), der auch mit auf der Alpe war. Griff ein "Muni" an, konnte ihn manchmal noch ein Schlag mit der "Alpgeissle" stoppen. Die "Alpgeissle" war ein langer, ca. 4 cm breiter Lederriemen, der mit Ringen an einem starken Holzstock befestigt war. Weiter Unfallursachen waren Blitzschlag, Steinschlag oder ein Sturz im unwegsamen Gelände. Die grösste Gefahr für die Hirten waren aber Kälte und Nässe, da heute harmlose Erkrankungen der Atemwege damals oft tödlich endeten.
 
 


Anfangs der Alpzeit besucht der Pfarrer die Alpknechte und spricht den Alpsegen, mit dem er Mensch und Vieh unter den Schutz Gottes stellt. Im Bild Pfarrer Valentin Bacher um 1945 in der Merezenbach-Alp bei Münster.

Ebenfalls um Gottes Schutz bittet der Senn beim Gebet, das er allabendlich durch einen Holztrichter über die Alp ruft (Betruf). Der Betruf hat seine Wurzeln in vorchristlichen Bannritualen: So weit die Stimme trägt, so weit reicht der Bann.

Im Oberwallis greift der Betruf auf das Johannes-Evangelium zurück («Im Anfang war das Wort . . .»). Damit unterscheidet er sich von den Betrufen in anderen Landesteilen.

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