Auszug
aus dem "Lohnausweis"
eines Magistraten
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Einkommen
aus Dienstverhältnissen Seite
2 von 2 |
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Fortsetzung der
Erläuterungen und Hinweise auf Seite
1.
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Einkommen mit verschiedenen
Komponenten
In der Tabelle auf Seite 1 "grau hinterlegt".
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1.
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Magistraten
D. h. hohe zivile
Amtsträger
in der Zeit vor 1800 (siehe auch Seite Ämter
und Titel 14.-18. Jh.).
Die in den Walliser
Landratsbeschlüssen
den Magistraten zugesprochenen
Lohnzahlungen und Entschädigungen waren nur
ein Teil ihres Einkommens. Angaben über
das Gesamteinkommen habe ich über Walliser Magistraten
nicht gefunden. Sie waren meistens
nebenamtlich
tätig und - mit Ausnahme des Bannerherrn - nur für
1-2 Jahre im Amt (im Turnus mit anderen einflussreichen Familien)
und
pflegten auch
andere Mandate. Ihr Dienstverhältnis war eher vergleichbar
mit der eines heutigen Selbständigerwerbenden.
Ich habe deshalb Angaben über die Einkommen von Berner
und Glarner Landvögten übernommen. Ihr Einkommen
setzte sich zusammen aus einem geringen Barlohn,
Spesenentschädigungen, freier
Wohnung,
Einnahmen aus Abgaben und Gebühren,
Einnahmen aus Gerichtsverfahren und Einnahmen
aus der Verpachtung oder Nutzung von Staatsgütern.
"Lohnausweis" eines
Magistraten
Gekürzte Transkription einer aus dem 18. Jh. stammenden
undatierten Schätzung des Einkommens des Landvogts von Werdenberg
(heute ein Bezirk im St. Galler Rheintal, im 18. Jh. ein Untertanengebiet
des Standes Glarus).
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Pro
Jahr
in Gulden u. Kreuzer
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Umgerechnet
in einen heutigen Monatslohn
in sFr |
Jahreslohn |
100 |
3'000 |
Für Austritte
mit dem Pferd |
20
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Für Reisen zum Dienstherrn
(Stand Glarus) |
20 |
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Einnahmen aus Bussen und Gerichtsfällen |
100 |
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Einnahmen aus anderen obrigkeitlichen
Handlungen (z. B. für den Aufwand die Zolleinnehmer zu kontrollieren) |
8.32 |
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Freie Wohnung und Garten |
100 |
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Aus eigener Nutzung
von Staatsgütern
- davon Abgabe an den Dienstherrn
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500
-24 |
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Kleines und grosses
Zehnten (sozusagen die damaligen Steuereinnahmen)
- davon Abgabe an den Dienstherrn
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1720
-325 |
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Aus Verpachtung von Staatsgütern
(Grundzinsen etc.).
- davon Abgabe an den Dienstherrn |
636
-375 |
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Brennholz |
102 |
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Ertrag aus Weinverkauf
- davon Abgabe an den Dienstherren |
816
-244.48 |
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Total |
3'153.44 |
104'000 |
Zum Vergl. Sold eines
Füsiliers
in holländischen Diensten |
91 |
3'000 |
Im beginnenden 19. Jh. ersetzten beamtete Juristen
die Magistraten. Im Kanton Bern
nannten sich die Nachfolger der Vögte "Oberamtmänner".
Einkommen eines Oberramtmanns
1825: Ein
Barlohn
von Fr. 2400 pro Jahr, plus freie Wohnung. Das war umgerechnet
ein Drittel von dem, was ein Landvogt einnahm, aber sicher
noch immer ein hohes Einkommen. Zum Vergleich: Ein patentierter Lehrer
erhielt
damals in Bern Fr. 200
im
Jahr, ein Oberlehrer Fr. 300. Im Wallis wurden Lehrer nur
im Winter beschäftigt und bezogen erst ab 1860 ein Gehalt,
das in Geld ausbezahlt werden musste. 1873 erhielt Lehrer
Gabriel Eggs
in Reckingen für 6 Monate Schule insgesamt Fr. 120.
Relativ viel wenn man bedenkt, dass 1854 die Lehrerin Sr.
Ludowika Blatter als Gehalt nur Wohnung und Brennholz
erhielt.
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2.
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Pfarreivorsteher
Ihr Einkommen setzte sich im alten Wallis
zusammen aus:
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a)
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Einem "existenzsichernden" Grundeinkommen.
Dieses wurde in der Regel durch Verpachtung oder Vermietung des örtlichen
Kirchenbesitzes gesichert (Pfründe oder Kirchenfabrik
genannt. Ertrag = Pfründenzins). Hinzu kamen geldwerte Leistungen
der Pfarreigemeinde, wie Pfarrhaus, Brennholz, Getreide, Käse und
/ oder Wein-Abgaben, Alprechte usw. Für die Gewährleistung
des Grundeinkommens war ein von der Pfarreigemeinde gewählter Verwalter
(Kirchenvogt) verantwortlich. |
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b)
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Einnahmen aus
Messe-Stiftungen (Jahrzeiten-Zins). Gebühren für Taufen,
Ehen und Beerdigungen (Stockgelder genannt). |
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c)
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Einnahmen
aus nicht kirchlichen Aktivitäten. Meistens Landwirtschaft
und Viehzucht, mit Hilfe von Knechten und Mägden. Genutzt wurde
eigener Besitz und/oder Kirchenbesitz.
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3.
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Ortsansässige,
einfacher Leute, mit festem Dienstverhältnis
Wie auf Seite 1 bereits erwähnt, erhielt die Mehrheit der Ortsansässigen
nur wenig Bargeld. Das war in der Regel dann der Fall,
wenn sie auf Dauer
beschäftigt wurden. Der Dienstherr versorgte sie aber mit dem
Lebensnotwendigen in Form von Nutzungsrechten
und Naturalien.
Ledige arbeiteten oft nur für "Kost und Logis" und gelegentliche "Geschenke".
Z. B. war es üblich, das ein Knecht zu St. Martini neue Kleider, neue
Schuhe und etwas Taschengeld erhielt.
PS: Alpknechte wurden nur im Sommer beschäftigt. Sie ernährten
sich von Brot, Milch und den von ihnen hergestellten Milchprodukten. Als
Lohn
erhielten nach dem Alpabzug einige Käselaibe - und
falls sie erwachsen waren, noch etwas
Bargeld.
PS: Ausschliesslich oder mehrheitlich Bargeld erhielten in der Regel von
auswärts geholte Spezialisten (im 18. Jh. im Oberwallis
meistens für
Kirchenbauten). Ihr Status war mit dem eines heutigen "Freelancers" vergleichbar.
PS: Ausschliesslich oder mehrheitlich Bargeld erhielten auch Ortsansässige,
die als Taglöhner oder für einen bestimmten Auftrag beschäftigt
wurden. Das waren z. B. Säumer. Auch ihr Status war mit dem
eines heutigen "Freelancers" vergleichbar. Im alten Wallis
waren in dieser Kategorie die meisten nur im Nebenerwerb tätig
und im Hauptberuf Bauern oder Knechte im elterlichen
Betrieb.
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Netto-Einkommen aus Solddienst
im Vergleich zu heutigen Einkommen,
Vor 1700 waren Einkommen frei von den heute üblichen Abzügen
und steuerfrei. Dafür hatten die Soldnehmer berufsbedingte Auslagen.
Z. B. mussten Soldaten in neapolitanischen Diensten die Munition selber
bezahlen.
Vergleichbar mit heute war, dass man in der untersten Einkommensschicht
von der Hand in den Mund lebte. Auch mit heute vergleichbar waren die
Netto-Einkommen in den obersten Einkommensschichten. Zur Illustration:
Generaldirektoren grosser Unternehmen haben gemäss
Bundesamt für Statistik
derzeit ein Brutto-Einkommen von durchschnittlich 2.2 Mio. pro Jahr. Davon
bleiben ihnen nach Abzug der Steuern ca. 60%. Ein Regimentskommandant (Oberst)
bezog
um 1780 einen Jahressold von umgerechnet brutto ca. 1.8 Mio. Davon blieben
ihm nach Abzug aller berufs- und standesbedingten Ausgaben grob geschätzt.
50%.
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Netto-Einkommen aus zivilen
Dienstverhältnissen
Auch diese Einkommen wurden vor 1800 im heutigen Sinne nicht versteuert.
Man war aber
zu Frondienst und gewissen Abgaben und Gebühren
verpflichtet, die unabhängig vom Einkommen erhoben wurden. Die Summe
der Belastungen war aber im Vergleich zu den heutigen Steuern und Abgaben
verschwindend gering. Bei
einfachen Leuten war die grösste Einzelabgabe die Beerdigung eines
erwachsenen Familienangehörigen.
Aber auch in der untersten zivilen Einkommensschicht lebte man früher
von der Hand in den Mund, da Nahrung und Kleidung
vergleichsweise viel mehr kosteten,
und zudem ein Familienvater in der Regel eine grosse Familie
ernähren
musste. Zu den auf Seite 1 erwähnten Einkommen der Spinnereiarbeiter
wäre noch anzumerken, dass Arbeiter mit Familie in der Regel ein höheres
Einkommen hatten, da Ehefrau und Kinder ab ca. 10 Jahren auch in der
Fabrik arbeiteten. Trotzdem lebten sie in bitterer Armut.
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Vergleichbarkeit der Gegenwerte
zum Einkommen
Unter den Aspekten Freizeit, Vergnügungsmöglichkeit,
Bildungsmöglichkeiten, Wohnkomfort und medizinische Versorgung lebt
heute auch der Ärmste besser, als die Reichsten unserer Vorfahren. Öffentliche
Sozialhilfe und Altersversorgung waren früher
unbekannt, Kindstod
und Tod im Kindsbett waren alltäglich und die Lebenserwartung
war niedrig. Anderseits:
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1.
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Früher
waren die grosse Mehrheit der Familienväter Bauern auf eigenem
Grund und Boden, d. h. Selbständigerwerbende.
Sie ernährten
ihre Familie mit dem was sie aus ihrem eigenen Besitz erwirtschafteten.
Heute
sind die
meisten Lohnabhängige - und auch die Mehrheit der Selbständigerwerbenden
lebt nicht vom eigenen Besitz, sondern muss "um Aufträge buhlen". |
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2.
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Früher hatten die meisten
Familienväter ein
genügend grosses Einkommen um eine Familie mit Kindern allein
zu ernähren, d.
h. ohne dass die Mutter "für fremde Leute arbeiten musste".
Wobei in
einer Bauernfamilie alle Familienangehörigen hart
mitarbeiten mussten.
PS: Im 20. Jh. hatten lohnabhängige Familienväter bis in die Zeit
zwischen 1960-1980 mehrheitlich ein Einkommen, das ihnen erlaubte Alleinverdiener
zu sein. D. h. solange
Auto, Ferienreisen, Sport, Fernseher, PC u. dergl. nicht
zum durchschnittlichen Lebensstandard gehörten; solange Steuerprogression
und Krankenversicherungen den Durchschnittsverdiener relativ wenig
belasteten und solange berufstätige Frauen schlecht bezahlt wurden.
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Quellen
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"Glanz
und Elend der Söldner". Autor
Heribert Küng. Herausgeber Vorarlberger Arbeitskreis für historische
Geschichte. |
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"Historische Statistik der Schweiz" . Herausgeber
Heiner Ritzmann. Chronos-Verlag. |
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|
"Die Kirche im Oberwallis am Vorabend des Franzoseneinfalls".
Autor Erwin Jossen. |
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|
"Einkommen des Landvogts von Werdenberg". Dokument
im Staatsarchiv St. Gallen. |
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Lohnstatistikgen 1853-1953 in "Geschichte des Schweizerischen
Baumeisterverbandes", Band III, von August Vuattlo. |
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|
"Familienchronik von Grächen 1632-1952". Autor Rudolf
Schnidrig. |
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|
"Reckingen. Dorf und Pfarrei" Beiträge von Eva Schmidt-Steffen
und Hans Schmidt. |
|
und Andere. |
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